Einkaufen am Markt ist ein sinnliches Erlebnis. Volle Pracht an Waren, aus denen wunderbare Speisen zubereitet werden, was wiederum ein genussvoller Akt ist. Und dann das Schmausen. Wiederum mit allen Sinnen.
Markt in Wolkersdorf: Sinnesfreude pur, auch mit Masken. Hier werden derzeit die beliebten "after shopping Achterln" nicht angeboten, aber wird ja wieder kommen ... Das Angebot ist vielfältig und wunderbar. Fotos von Doris Lahner.
Meine ersten Markterfahrungen datieren von 1970 in Oberösterreich, an der kräftigen Hand der Großmutter, in der anderen Hand trug sie eine große braune Ledertasche. So marschierten wir oft und oft rund 20 Minuten in die "Stadt", zum Markt. Zwischen den überquellenden Markständen beäugte sie mit Kennerblick Karfiol, Hühnerleber oder Erdbeeren, sie wusste genau was sie wollte und was nicht - und das bekamen die Händler auch zu hören. Sie ließ sich einmal von meinem Gepenze erweichen und trug zwei "gaunz klaane Anterl" in ihrer Tasche nach Hause, wohl schon den Termin des Hl. Martin oder Weihnachten mit einberechnend. Meine Oma war gelernte Köchin. Damit war sonnenklar dass nur das beste Rohmaterial in ihre Töpfe und Pfannen kam.
Andere frühe Markterinnerungen verbinde ich mit Italien. Als Kind fühlte mich in Lignano, Caorle oder Gabicce Mare wie in einem Märchenbuch aus 1001 Nacht, wenn ich im lauten italienischen Geschrei durch quirligen Menschenmassen in den engen Marktgässchen geschoben wurde. Ich war mir damals nie sicher, ob die Käufer und Händler stritten oder feilschten oder nur Rezepte austauschten, aber nachdem sie am Ende einen astronomisch hohen Lirepreis vereinbarten und ein freundliches Gesicht beim "Arrivederci" machten, war wohl alles tutto bene.
Dann folgten lange, sterile Jahre der Einkäufe in Supermärkten.
Als Familienmama wurde für mich das Thema selber kochen, Wertvolles kochen, Rezepte ausprobieren und welche erfinden, wieder lebendig. Damit erstarkte die Freude neu, direkt von den Produzenten auf Märkten einzukaufen, und auch das Bewusstsein: wo kommt das eigentlich alles her, was ich mir so einverleibe? Und sind das wertvolle Lebensmittel?
Markt Großrußbach: in der alten Kellertrift ein besonderes Flair, ganz ohne Verkehr. Auch bei Regen, bitte sehr. Die Bauern brauchen diesen mehr.
Ein Bauernmarkt oder Wochenmarkt ist nicht nur eine gebündelte Einkaufsmöglichkeit bei Bauern. Jeder Markt ist die Summe seiner Marktstände und Marktstandler, Kunden und Gustierer, und der Kulisse rundherum. Und natürlich zu ganz oberst seines Warenangebotes, der Vielfalt und Qualität von Produkten.
Im und um den Bezirk Mistelbach in Niederösterreich, wo ich wohne, gibt es in meiner Umgebung mittlerweile eine Vielzahl von regelmäßigen Märkten, die jeder für sich ein besonderes Flair haben. Teils treffe ich die selben Produzenten an verschiedenen Orten, teils sind jeweils andere Anbieter vertreten, somit ergibt sich immer eine neue Vielfalt. Und wie gesagt, auch das unterschiedliche Ambiente hat seinen Reiz: ein Markt ist bekannt für seine "after-shopping-Achtln", woanders sitzt man in einem Terassencafé und schaut dem Treiben zu, dort wiederum kann frisch Gekochtes direkt verspeist werden.
Markt Mistelbach: gottseidank wieder auferstanden, und erweitert sich ständig. Fotos von Lena Sattmann.
Eines ist wichtig zu betonen: wer am Markt einkauft, muss vom Kochen eine Ahnung haben. Es geht dabei nicht um haute cuisine, aber um das Wissen wie man z.B. aus Karotten, Zwiebeln, Knoblauch mit einigen Gewürzen und Kräutern und einem Schuss von - setze ein - eine g'schmackige Karottensuppe macht.
Diejenigen, die Karottensuppe nur aus dem Packerl kennen, werden mit Gemüse direkt vom Feld vielleicht überfordert sein - aber hoffentlich nicht entmutigt, denn man kann immer und alles lernen.
Warum ich gern am Markt einkaufe:
- schlendern und inspirieren lassen, die Beziehung zu Nahrung ändert sich dadurch
- mit den Produzenten plaudern und die Warteschlange länger machen ;-)
- ich wähle gezielter meine Waren aus, habe mich noch nie bei Hamsterkäufen am Markt ertappt, es gibt ja auch kaum Lockangebote oder Mogelpackungen
- die Qualität der Waren ist durchwegs hervorragend, es macht mir Freude am Tisch alles mit Herkunft benennen zu können im Wissen, dass alles sorgfältigst produziert wurde
- den Faktor Preis will ich hier unkommentiert stehen lassen, denn manches ist am Markt billiger, manches teurer als im Lebensmittelgeschäft - viele Kalorien für möglichst wenig Geld ist nicht mein Credo
- ich wünsche mir, dass mein Einkauf zum Einkommen der Produzenten hoffentlich ausreichend beiträgt
Und hier noch allgemeinere Kritierien, die für Markteinkäufe sprechen:
- ich finde die lokale Produktion von Lebensmitteln unendlich wichtig, das könnte ich jetzt ganz oft öffentlich schreiben, oder zu den Bauern fahren und dort laut klatschen und Bravo rufen, ich habe mich für den Kauf ihrer Produkte als Wertschätzung entschieden
- Wertschöpfung bleibt in der Region
- Kaum Verpackungsmüll !!!!!
- Geringe Transportkilometer der Waren
- Landwirtschaft ist für lokale Strukturen ganz ganz wichtig, undenkbar wenn es keine mehr gäbe.
Ja, ich kaufe auch im Supermarkt ein. Wenn es schnell gehen soll und dringend ist, wenn ich mit dem Rad fahren will (zu den Märkten muss ich mit dem Auto fahren, aber ich habe erfreulicherweise viele Direktvermarkter im eigenen Ort), wenn ich Dinge brauche die am Markt nicht erhältlich sind, wenn der Familiennaschwunsch obskure Dinge enthält. Oder wenn saisonal gerade sehr geringes Angebot in den Marktständen herrscht, vor allem bei Gemüse.
Aber einmal in der Woche genieße ich das Flair des Bauernmarktes, und das Kochen danach ist immer ein Genuss.
Markt Wullersdorf: wunderschöner Ortskern mit großem Platz vor der imposanten Kirche, schon allein diese Kulisse ist einen Besuch von weiter her wert. Wald- und Weinviertler Spezialitäten.
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gerald kastner (Dienstag, 26 Mai 2020 00:06)
Hallo Gabi. Deine Blogs finde ich immer ganz toll. Es schwingt soviel Zufriedenheit Begeisterung und Aufbruch mit, sodass mich dieser Beitrag über Bauernmärkte zu folgendem Gedicht inspirierte. Bauernmarkt:
Grüße Gerald
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